Gebaut für uns
Was macht sie aus, die lebenswerte Stadt? Sie ist leise, grün, sicher und inklusiv. Sieben Beispiele zeigen, was geschieht, wenn Stadt- und Verkehrsplaner den Menschen in den Mittelpunkt rücken.
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Mehr Grün: Seoul, Südkorea
Wo Autos verschwinden, kann die Natur sich ihren Platz zurückerobern. Das kann man zum Beispiel in Seoul erleben. Mitten im Zentrum der Zehn-Millionen-Stadt wurde 2017 eine frühere Hochstraße in einen luftigen Stadtgarten, den Skygarden Seoullo 7017, verwandelt. Auf dem knapp einen Kilometer langen Weg entstand eine Art Pflanzenbibliothek mit mehr als 24.000 Gewächsen, die alphabetisch nach Familien geordnet sind. Cafés, Aussichtspunkte und Spielflächen laden zum Verweilen ein.
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Mehr Luft zum Atmen: Chengdu, China
Saubere Luft ist ein Menschenrecht, aber gerade in Großstädten ist die Feinstaubbelastung besonders hoch. Dabei bietet uns die Natur eine einfache Lösung. Nötig ist nicht viel mehr als zum Beispiel eine freie Betonwand – wie die chinesische Stadt Chengdu beweist. Dort sind die Viadukte einer zentralen Hauptstraße nahezu vollständig von Wildem Wein überwuchert. Kletterpflanzen gehören zu den effektivsten Luftreinigern. Pro Quadratmeter Fassade produzieren sie mehrere Quadratmeter Blattfläche und können gesundheitsschädigende Stickoxide absorbieren sowie Feinstaubpartikel binden.
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Mehr Zeit: Portland, USA
Im Stau stecken zu bleiben, ist ärgerlich und kostet Zeit und Nerven. Das lässt sich vermeiden, indem man das Auto einfach stehen lässt. Möglich wird das in der 15-Minuten-Stadt. Dahinter verbirgt sich ein Konzept der Stadtplanung, bei dem die alltäglichen Ziele in rund einer Viertelstunde zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Die Stadt Portland gehört in den USA zu den Vorreitern des Konzepts. Seit dem Projektstart 2009 konnte der Autoverkehr um 20 Prozent gesenkt werden. Dafür baute die Stadt zum Beispiel Geh- und Radwege aus, verbesserte den öffentlichen Nahverkehr, eröffnete neue Parks und förderte in den einzelnen Stadtvierteln einen Mix aus Wohnungen, Gewerbebauten und Geschäften.
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Mehr Ruhe: Helsinki, Finnland
Vor allem in dicht besiedelten Städten können wir dem Verkehrslärm kaum noch entfliehen. Mit weitreichenden Konsequenzen: Allein in Europa ist mindestens jeder Fünfte einem Lärmpegel von 55 Dezibel oder mehr ausgesetzt, was der Gesundheit schadet. Wie man den Verkehr beruhigen kann? Helsinki macht es vor. Die Stadt setzt innerorts fast überall auf Tempo 30. Das erhöht die Sicherheit und verringert den Lärm, da langsam fahrende Autos leiser sind: Ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h übertönt das Abrollgeräusch der Reifen sogar den Motorlärm.
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Mehr Teilhabe: Singapur
Mobilität ist ein Stück Lebensqualität. Damit diese im Alter nicht verloren geht, setzt Singapur auf die Initiative Green Man+, die mittlerweile über 1.000 Ampeln einschließt. Hält man die Senioren-Karte der städtischen Verkehrsbetriebe an die Ampel, verlängert sich die Grünphase um bis zu 13 Sekunden. Zudem gibt es an Bus- und Bahnhaltestellen sogenannte Heart Zones (Herz-Zonen). Wer sich dort aufhält, signalisiert, dass er Unterstützung bei der Reise braucht. Das soll Mitfahrende zum Helfen animieren.
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Mehr Sicherheit: Paris, Frankreich
Autoverkehr ist für Schulkinder ein Sicherheitsrisiko. Um dieses zu minimieren, hat Paris seit 2020 einen beispiellosen Umbau in Gang gesetzt: Im Rahmen des Projekts Rues aux écoles (Schulstraßen) werden Straßen in der Nähe von Schulen konsequent für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Entstanden sind so mittlerweile mehr als 200 Mini-Fußgängerzonen, bis 2026 sollen es 300 sein. Die oftmals begrünten Flächen machen den Schulweg für Kinder nicht nur sicherer, sondern geben ihnen gerade in verdichteten Quartieren mehr Raum zum Spielen und Toben.
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Mehr Miteinander: London, England
Wie baut man aus den Relikten einer automobilaffinen Stadt die Zukunft? Zum Beispiel so: Im Londoner Viertel Peckham betrachtete das Architekturbüro Turner Works ein wenig ansehnliches Parkhaus nicht als Abrissobjekt, sondern als Chance. In Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisation Make Shift verwandelte es sieben der Parkdecks in ein kreatives Zentrum. Künstler finden hier bezahlbare Ateliers und kommen dank Ausstellungen und öffentlichen Coworking-Spaces leicht mit interessierten Besuchern in Kontakt.