Für ein klimabewusstes Leben mit geringem CO2-Fußabdruck ist der Zugang zu alternativen Energiequellen entscheidend. Pioniere aus aller Welt bringen Ansätze zur Emissionsreduzierung auf den Weg, die den Bedürfnissen von Menschen, Haushalten und Unternehmen gerecht werden.
Die Energie in Gebäuden und Verkehr macht gut 30 Prozent aller Treibhausgasemissionen aus. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf den privaten Verbrauch. Es gibt sie bereits, Optionen, wie Klimabewusste unter uns ihr persönliches CO2-Budget einhalten können: etwa durch erneuerbare Energien oder Elektroautos. Diese Lösungen stehen jedoch nicht jedem offen. Auch in der Industrie, deren Energieverbrauch für rund ein Drittel des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist, lassen sich klimafreundliche Technologien nicht immer einfach in bestehende Anlagen und Prozesse integrieren. Die Welt braucht ausreichend Zugang zu erneuerbarer Energie, um ihre Emissionsreduktionsziele zu erreichen.
Zwei saubere Räder
Son Nguyen, Gründer und Geschäftsführer des Elektromotorradherstellers Dat Bike, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Millionen von Menschen Zugang zu elektrischen Fahrzeugen zu ermöglichen. Der in Vietnam geborene Nguyen konnte sich dank seiner zu Schulzeiten erworbenen Programmierkenntnisse einen Studienplatz an der University of Illinois/USA sichern und arbeitete anschließend als Software-Ingenieur im Silicon Valley.
Sein Leben zwischen den Staaten und Vietnam machte ihm bewusst, in welch unterschiedliche Richtungen sich die Mobilität in beiden Ländern entwickelte. Während Elektroautos in Kalifornien Teil des Straßenbilds wurden, „führte in Vietnam der Zuzug in die Städte zu vielen benzinschluckenden Motorrädern auf den Straßen“. In ganz Asien gebe es 250 Millionen Menschen, die Motorräder als alltägliches Verkehrsmittel nutzten, sagt er. Für ihn war klar: Die Elektrifizierung dieser Maschinen könnte „eine Lösung für ein sehr schwerwiegendes Problem“ sein.
Es gab nur einen Haken: Nguyen hatte weder Erfahrung mit dem Bau von Motorrädern noch mit elektrischen Antrieben. „Also habe ich meinen Job gekündigt und angefangen, zu lernen.“ In den nächsten Monaten absolvierte er einen Crashkurs in Maschinenbau, um sich wichtige Fertigkeiten wie das Schweißen anzueignen. Innerhalb eines Jahres hatte er seine ersten Prototypen fertiggestellt. Indem er sie online präsentierte, konnte er einige frühe Investoren gewinnen. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren.
Als er Dat Bike gründete, standen zwei Dinge für Nguyen im Vordergrund: Sein Produkt sollte bei Preis und Leistung mit den fossil betriebenen Pendants mithalten können und so weit wie möglich lokal hergestellt werden. Nach einem TV-Auftritt wurde das kleine Unternehmen mit Anfragen potenzieller Zulieferer und Investoren überhäuft. Sechs Monate später liefen die ersten Waever-Modelle vom Band – mit mehr als 80 Prozent der Zulieferer aus dem Inland die ersten lokal produzierten Elektromotorräder Vietnams. Die Maschinen sind ein Hit. Obwohl Dat Bike die Produktionskapazitäten im ersten Halbjahr 2022 verfünffacht hat, war das neueste Modell Monate im Voraus ausverkauft. Bislang sind die Kunden bereit, zu warten. „Es gibt nichts Vergleichbares auf dem Markt“, sagt Nguyen. „Fährt man eines unserer Motorräder fünf Jahre, bekommt man es durch die eingesparten Kraftstoffkosten quasi umsonst.“
Auf Sparflamme kochen
12.000 Kilometer westlich von Vietnam hat Enoch Kofi Boadu in Ghana ein Unternehmen aufgebaut, mit dem Haushalte kostenlos saubere Energie erzeugen können. DAS Biogas baut und installiert Systeme, die Abfälle in Brennstoff zum Kochen umwandeln. Biogas, ein Gemisch aus Methan und CO2, wird von Bakterien gebildet, die organisches Material in Abwesenheit von Sauerstoff zersetzen. Industriell wird es unter Nutzung von Abwasser und landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt. DAS Biogas entwickelt hingegen Systeme für den Hausgebrauch, die robust, preiswert und einfach zu installieren sind.
Die Idee entstand, als Boadu Lehrer für Naturwissenschaft und Technik an einer High School war. „Ich habe mit meinen Schülern viel experimentiert und Biogas in kleinen Behältern hergestellt“, erinnert er sich. „Da war mir klar, dass diese Technologie großes Potenzial hat.“ Seitdem hat Boadu seine Experimente fortgesetzt. „Ich wollte unbedingt eine mobile Anlage bauen, die wir in großem Maßstab produzieren und in Ghana und darüber hinaus installieren können“, sagt er.
Im Sommer 2022 sind DAS Biogas’ erste Prefab1 Anlagen auf den ghanaischen Markt gekommen. Für 1.300 US-Dollar erhalten Kunden einen Biogasfermenter, einen Gasspeicherbeutel und einen einflammigen Kocher. „Das ganze System wird vor Ort hergestellt“, erklärt Boadu. „Die Tanks werden von einem lokalen Unternehmen aus Kunststoff gegossen, und auch die Beutel, in denen das Gas lagert, werden lokal geschweißt.“
Die Anlagen können außerhalb des Hauses installiert werden und Küchenreste in Kochbrennstoff umwandeln. Oder sie werden während des Baus installiert, um zusätzlich Abwasser zu nutzen. Dieses wird in einer zweiten Anlage entsprechend Umweltstandards aufbereitet und kann zum Bewässern im Garten oder zum Spülen der Toilette verwendet werden.
Das System erzeugt täglich etwa einen Kubikmeter Gas – genug, um mehr als die Hälfte des Kochbedarfs eines durchnittlichen ghanaischen Haushalts zu decken. Der Bedarf an Flüssiggas, Strom oder Holz sinkt entsprechend. Jedes Gerät spart laut Boadu jährlich zwischen 3,7 und 5 Tonnen CO2. Im Spätherbst 2022 hatte DAS Biogas 20 Systeme hergestellt und plant die Produktion in 2023 um das Fünffache zu steigern.
Dampf machen
Während DAS Biogas und Dat Bike CO2-arme Technologien auf die Bedürfnisse von Haushalten und Individuen anpassen, skaliert BASF Ansätze auf industrielles Niveau, die es auch in Privathaushalten gibt. Etwa die Hälfte des heutigen CO2-Fußabdrucks von BASF stammt aus der Energieerzeugung. Von diesen 11 Millionen Tonnen entfallen 6 auf die Erzeugung von Dampf. „Die mit Dampf verbundenen Emissionen zu reduzieren, hat sich für BASF zu einem wichtigen Schwerpunkt entwickelt“, erklärt Bart Van Assche, Vice President bei BASF in Antwerpen/Belgien.
Vielversprechend ist die Umwandlung von Abwärme in Energie mittels Wärmepumpen-Technologie, die sich in vielen Haushalten findet. Sie nutzt die Kompression und Expansion eines Gases, um Energie von einer Quelle mit niedrigerer auf ein Ziel mit höherer Temperatur zu übertragen. Eine effiziente Heizmethode, da jede Kilowattstunde Strom, die für den Betrieb der Pumpe eingesetzt wird, mehrere Kilowattstunden Wärme erzeugt.
„Jeder unserer fünf größten Produktionsstandorte erzeugt genug Energie in Form von Abwärme, um unseren Dampfbedarf zu decken“, so Van Assche. Die von seinem Team evaluierten Wärmepumpen unterscheiden sich vor allem in zwei Punkten von Geräten im Haus: Temperatur und Größe. „Die Temperaturen sind viel höher – es wird Dampf mit mehr als 120 Grad Celsius erzeugt.“
Neue Wege, um CO₂-Emissionen zu reduzieren
Dieser Niederdruckdampf lässt sich komprimieren, wodurch er noch stärker erhitzt wird, und in das Dampfnetz der Standorte einspeisen. Der Betrieb der Wärmepumpen und Kompressoren mit Strom aus erneuerbaren Energien leistet dabei einen bedeutenden Beitrag zur CO2-Minderung. Industrielle Wärmepumpen sind zudem um ein Vielfaches größer als Privatgeräte.
Die Wärmepumpen sind Teil eines mehrgliedrigen Ansatzes zur Dekarbonisierung von Dampf. BASF sucht auch nach Möglichkeiten, den Dampfbedarf zu reduzieren, indem etwa Dampfantriebe durch Elektromotoren ersetzt werden. Und es investiert in E-Boiler, betrieben mit erneuerbarem Strom.
Es wird keine pauschale Antwort auf die Herausforderung einer CO2-armen Energiegewinnung geben. Doch dank fortlaufender Innovationen bei einer breiten Palette von Technologien hat die Menschheit immer bessere Chancen, nachhaltige Lösungen für ihre Bedürfnisse zu finden.