Regionale Presse  |  21. November 2023
Ludwigshafen

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So sah er aus, der Anilin-Dollar – das Notgeld der BASF in Zeiten der Inflation 1923, © BASF Corporate History, Ludwigshafen a.Rh.

So sah er aus, der Anilin-Dollar – das Notgeld der BASF in Zeiten der Inflation 1923

Nena de Vries
Standortpresse Ludwigshafen

100 Jahre Anilin-Dollar: ein Retter in der Not

Eine eigene Notenpresse? Was heute für viele wie ein Traum klingt, war vor rund 100 Jahren eine effektive Lösung in Zeiten höchster Not. Zum Ende des Ersten Weltkrieges war Deutschland hoch verschuldet und eine massive Inflation belastete die Menschen. Eine eigene BASF-Not-Währung, darunter auch der Anilin-Dollar, sowie eine Notenpresse in der Werksdruckerei sollten Abhilfe schaffen.

Der Erste Weltkrieg hatte neben großem Leid auch eine massive Inflation ausgelöst. Um die enormen Kriegsausgaben und -belastungen zu decken, begann die Regierung immer mehr Geld in Umlauf zu bringen, was zu einem Verfall der Währung und einem Anstieg der Preise führte. Die hohen Reparationszahlungen, die Deutschland nach dem Krieg zu leisten hatte und das zerstörte Vertrauen in die Währung verschlimmerten die Situation. Im Oktober 1923 sackte die Mark alle acht bis elf Tage auf ein Zehntel ihres vorherigen Wertes ab.

Die Regierung hatte Unternehmen die Erlaubnis erteilt, eigenes Notgeld herzustellen, um Löhne auszahlen zu können und den Handel aufrecht zu erhalten.  BASF sah sich bereits im Jahr 1918 mit der Schwierigkeit konfrontiert, genügend Bargeld für die Lohnzahlungen zu bekommen, da die Preise für Papierscheine stark gestiegen waren. Um diesem Problem entgegenzuwirken, entschied sich das Unternehmen in Absprache mit der Regierung, zunächst eigenes Münzgeld herzustellen. Die hauseigene Spenglerei begann daraufhin Rohlinge aus Zinkblech herzustellen, welche von zwei Mitarbeiterinnen in einer eigens angeschafften Friktionsspindelpresse geprägt wurden. In der Zeit vom 1. Januar 1918 bis zum 6. Juni 1919 gab BASF insgesamt 64.290 Mark an ihre Mitarbeitenden aus. Als Sicherheit für die Herstellung des BASF-Notgeldes musste die Direktion bei der Bayerischen Staatsbank 165.000 Mark in preußischen Schatzanweisungen hinterlegen.

Ende 1921 wurde das Notgeld auf Verlangen der Regierung eingezogen, aber die Probleme mit der Geldversorgung blieben bestehen. 1922 war auch der Mangel an Papiergeld so weit fortgeschritten, dass BASF bei den Banken nicht mehr genügend staatliche Zahlungsmittel zusammenbringen konnte, um Löhne und Gehälter auszuzahlen. BASF erhielt schließlich die staatliche Erlaubnis, eigene Tausendmarkscheine im Wert von 300 Millionen Mark zu drucken. Das Unternehmen musste sogar immer wieder bereits im Umlauf befindliches Notgeld mit höheren Werten überdrucken. Gedruckt wurden die Notgeldscheine in der BASF-Werksdruckerei. Oft wurde das abends gelieferte Papier noch in der gleichen Nacht als Notgeld bedruckt und am nächsten Tag ausbezahlt. Ein Jahr lang konnten so die Lohn- und Gehaltszahlungen sichergestellt werden, bis auch die an die Reichskreditgesellschaft überschriebenen Sicherheiten für das Notgeld rapide an Wert verloren.

Um ihre Mitarbeitenden vor der weiter galoppierenden Inflation zu schützen, führte BASF im September 1923 (rückwirkend zum 1. August) die „Grundmark“ ein, die Anfang November 1923 von einer neuen Notgeldwährung abgelöst wurde: dem Anilin-Dollar. Hierfür hinterlegte BASF holländische Gulden im Wert von einer Millionen US-Dollar – daher der Spitzname Anilin-Dollar. Diese Notgeldwährungen stellte die BASF-eigene Werksdruckerei her. Der Anilin-Dollar wurde innerhalb von kurzer Zeit zu einem anerkannten und beliebten Zahlungsmittel in der Pfalz. Zum 27. November führte die Weimarer Republik die sogenannte Rentenmark ein und beendete damit die Inflation in Deutschland. 

 

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So sah er aus, der Anilin-Dollar – das Notgeld der BASF in Zeiten der Inflation 1923, © BASF Corporate History, Ludwigshafen a.Rh.

So sah er aus, der Anilin-Dollar – das Notgeld der BASF in Zeiten der Inflation 1923,

© BASF Corporate History, Ludwigshafen a.Rh.

Letzte Aktualisierung 21. November 2023