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Gewässergüte-Messstellen überprüfen den Rhein kontinuierlich, auf mehr als 100 Inhaltsstoffe.
Ludwigshafen
Zum Schutz des Rheins
Um seine Gesundheit sicher zu stellen, begeben sich Behörden und BASF stetig und in enger Abstimmung auf vorbeugende Spurensuche im Wasser. Vorsorgemaßnahmen helfen, den Rhein zu schützen.
Wie rein ist der Rhein? Die Rheingütestation in Worms
Ein idyllischer Anblick, die historische Nibelungenbrücke in Worms mit ihrem markanten Brückenturm. Sie verbindet die rheinlandpfälzische Stadt mit Hessen. Was kaum ein Tourist sieht: Die Brücke arbeitet rund um die Uhr als Umweltdetektiv.
An den Brückenpfeilern im Rhein und an den Ufern entnehmen insgesamt vier automatische Entnahmestellen das Flusswasser und leiten es über die Messeinrichtungen im Betriebsgebäude. Seit 1995 werden so kontinuierlich Messdaten am Rheinkilometer 443,3 aufgezeichnet. Das Landesamt für Umwelt von Rheinland-Pfalz betreibt die Rheingütestation Worms, und zwar länderübergreifend auch im Auftrag von Hessen und Baden-Württemberg. „Wir können sehr genau sehen, was im Rhein los ist“ erklärt Steffen Schwab, Leiter der Rheingütestation. Die Kontrolleure sehen nicht nur, welche Stoffe sich im Wasser befinden. „Wir können als Überwachungsstation genau zuordnen, welcher Flussabschnitt in der Nähe rheinaufwärts betroffen ist, zusätzlich erhalten wir Unterstützung von der Wasserschutzpolizei und den Vollzugsbehörden“, sagt Schwab, von Beruf Umweltingenieur. Die Rheingütestation ist als einzige Fließgewässermessstation Deutschlands mit einer lückenlosen Alarm-Bereitschaft für Gewässerverunreinigungen ausgestattet. Das Rheinwasser wird biologisch, physikalisch und chemisch überprüft und das über die gesamte Flussbreite. Damit hat die Wormser Messstation ein wachsames Auge auf die Kläranlagen und den Schiffsverkehr.
Die Rheingütestation wurde nach den Erfahrungen mit der Sandoz Katastrophe 1986 bewusst so platziert, dass sie rheinabwärts von größeren Betrieben liegt. BASF ist hier mit der Kläranlage und den Kühlwassereinläufen der größte Einleiter auf der linken Rheinseite.
Ständig überwachen, das macht auch BASF selbst: Mit einem hohen Aufwand wird kontinuierlich automatisch das Kühlwasser genauso wie das Abwasser auf Schadstoffe kontrolliert, bevor es das Werksgelände verlässt. Doch damit nicht genug: Täglich werden definierte Proben sehr detailliert analysiert. Dazu ist BASF verpflichtet. Es ist eine Auflage in den Einleitbescheiden der Umweltbehörden. Sie erlauben dem Chemieunternehmen überhaupt erst, Wasser wieder in den Fluss zu leiten.
443,3
ist der Rheinkilometer, an dem seit 1995 kontinuierlich Messdaten erhoben werden.
Dass BASF all dies einhält, überprüft die Behörde auch mit Stichproben: Rund zehn bis zwölf Mal im Jahr kommt das Umweltministerium aus Mainz unangekündigt auf das Werksgelände in Ludwigshafen und füllt selbst Proben in Flaschen ab. Michael Alter (ESE/MW), Leiter der Wasserüberwachung bei BASF: „Die Überwachungsdichte und -intensität der Behörden und die Auflagen der Selbstüberwachung sind ein enges Korsett.“
Im Rheinwasser auf Spurensuche - Gewässerschutz bei BASF
Jeden Tag werden große Mengen von Produkten am Standort Ludwigshafen produziert. Und sei es zum Kühlen, zum Spülen oder als Ausgangsstoff - Wasser spielt dabei immer eine Rolle. Wenn plötzlich etwas im Wasser auftaucht, das dort nicht hineingehört, geht das Team des Störungsmanagements auf Spurensuche.
Circa fünf Millionen Kubikmeter Rheinwasser fließen pro Tag durch die Kühlwasserrohre. Zum Vergleich: ein olympisches Schwimmbecken fasst „nur“ 2.500 m³. Dieses Kühlwasser ist nicht verschmutzt und wird wieder zurück in den Fluss geleitet. Dass es nicht verunreinigt oder zu warm ist, wird an über 30 Messstationen auf dem Werksgelände überprüft.
Auch die Abwässer, die in der BASF-Kläranlage aufbereitet werden, müssen genau untersucht werden und dürfen keine Substanzen in Mengen enthalten, die die Kläranlage schädigen könnten. Täglich sind das rund 300.000 Kubikmeter. Der Großteil stammt von BASF, der Rest kommt von den Städten Ludwigshafen und Frankenthal. „Wir stellen sicher, dass wir Störungen möglichst schnell finden und beheben können“, sagt Harald Elpel, vom Störungsmanagement. „Finden wir eine Abweichung, beginnt für uns die Spurensuche.“
Eine erste Warnung liefert das Online-Monitoring im Zulauf zur Kläranlage, weitere Hinweise geben die Probennehmer am sogenannten Längssammler, dem Hauptabwasserkanal, der längs des Werkes parallel zum Rhein verläuft. Werden dort mögliche Störungen entdeckt, nimmt das Team sofort Wasserproben, die anschließend im Labor untersucht werden. Sobald klar ist, um welchen Stoff es sich handelt, kann eingegrenzt werden, welche Betriebe im betreffenden Abschnitt des Werks als Verursacher in Frage kommen. Diese stellen zusätzlich immer Proben ihrer Abwässer zurück. So kann geklärt werden, über welchen Betrieb welche Substanz ins Abwasser gekommen ist. „Hier kommt es auf die gute Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Störungsmanagement an“, sagt Elpel. „Wir haben je nach Lage des Betriebs nur ein bis drei Stunden Zeit, bis das Abwasser im Klärwerk ankommt.“ Ist nicht sofort klar, welcher Betrieb verantwortlich ist, muss die Quelle eingegrenzt werden, indem von Kanalschacht zu Kanalschacht geprüft wird, ob hier bereits eine Verunreinigung vorliegt – eine richtige Detektivarbeit, die besonders zeitkritisch ist.
Denn ist das Klärwerk nicht vorbereitet, könnten bestimmte Stoffe in zu hohen Konzentrationen die Mikroorganismen in der Kläranlage schädigen. Elpel erklärt: „Umso wichtiger ist es, dass schnell entdeckt wird, dass etwas kommt. Die Kollegen in der Kläranlage können dann die betroffenen Abwässer in Speicherbecken umleiten und sobald klar ist, um welchen Stoff es sich handelt, gesondert behandeln oder in verträglichen Dosen in die Anlage einleiten. Damit kann die Kläranlage weiter sicher arbeiten“.
Gut gekühlt? Von der Temperatur des Rheins
„Hier beißt der Barsch oft an“, weiß Patrick Moser, Sportangler und Mitarbeiter im Störungsmanagement. Hier, das ist im Norden des BASF-Werksgeländes am Rhein, an der Einfahrt in den Hafen. In der Abenddämmerung ist die Rheinböschung ein beliebter Treffpunkt für Angler: Die Fische versprechen „Petri Heil“.
Doch warum ist das so? Biologe Dr. Sascha Pawlowski erklärt: „Rheinaufwärts sind mehrere Einlässe von unserem Kühlwasser in den Rhein. Durch den Einlauf wird Wärme eingetragen – im wärmeren Wasser wachsen die Fischnährtiere wie zum Beispiel Wirbellose oder auch Algen besser.“ Für die Fische sind hier also gute Futterplätze. Dabei macht es ihnen nichts aus, dass es leicht wärmer ist als in anderen Bereichen des Flusses, solange die Sauerstoffversorgung ausreichend ist.
„Wärmefahne“ nennen Naturwissenschaftler das: Wenn das Kühlwasser wieder in den Rhein eingeleitet wird, ist es normalerweise wärmer als die Flusstemperatur. Das Fließgewässer nimmt das Kühlwasser mit der Strömung mit. Misst man die Temperatur, erkennt man das Kühlwasser wie eine Fahne im Rhein. Nach einer guten Durchmischung mit dem Flusswasser hat sich dieser Temperaturunterschied ungefähr in der Höhe von Mainz wieder ausgeglichen.
Obergrenze für Temperatur des Rheinwassers liegt bei 28 Grad
Generell ist die Sauerstoffsättigung des Rheins im Jahresverlauf sehr gut – aber wenn die Wassertemperatur deutlich ansteigt, sinkt der Gehalt an Sauerstoff. Ab einer bestimmten Wassertemperatur könnte einigen Fischarten die „Luft knapp werden“. Zum Schutz der Natur hat daher der Gesetzgeber eine Obergrenze definiert, welche sich für diesen Fluss abschnitt am Karpfen orientiert und bei 28 Grad Celsius liegt. Deswegen darf BASF in den Sommermonaten das Kühlwasser nur mit einer Temperatur bis höchstens 33 Grad Celsius in den Rhein abgeben – sofern die 28 Grad noch nicht erreicht sind. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme. Untersuchungen seitens der Landesbehörde Rheinland-Pfalz zeigten, dass selbst in dem extrem warmen und langanhaltenden Sommer 2018 kein Fischsterben zu beobachten war.
In Mainz wurde im vergangenen Sommer im Rhein 28 Grad Celsius gemessen. Die SGD Süd forderte Rheinanlieger auf, ihre Wärmelast zu reduzieren. Das wird bei BASF standardmäßig gemacht: Im Sommer wird ein großer Teil der Kühlleistung durch fünf Schwerpunktrückkühlanlagen bereitgestellt. Diese gleichen die verringerte Kühlleistung durch das zu warme Rheinwasser aus. Die Wärmefracht in den Rhein sinkt dadurch auf die Hälfte des Winterwertes. Trotzdem kam es 2018 zu Einschränkungen in der Produktion. Die Rückkühlanlagen konnten die verringerte Kühlleistung des warmen Rheinwassers nicht vollständig kompensieren. Ein großer Kühlwasserverbraucher bei BASF wurde in der Spitze ganz herausgenommen, eine Vielzahl der Produktionsanlagen am Standort musste ihre Produktion leicht drosseln.
„Damit das dieses Jahr nicht wieder passiert, werden gerade verschiedene Maßnahmen zur Erhöhung der Kühlkapazitäten umgesetzt“, sagt Dr. Thomas Riede. „Beispielsweise werden in den Kühlzellen der Schwerpunktrückkühlanlagen effektivere Flüssigkeitsverteilungen eingebaut sowie Maßnahmen zur verbesserten Luftführung umgesetzt. Zusätzlich gewinnen wir Kühlleistung, wenn bestimmte Betriebe ihr Abwasser zu den Schwerpunktrückkühlanlagen mit deutlich höheren Temperaturen abgeben als bisher: Dadurch, dass das Abwasser mit höheren Temperaturen auf die Rückkühlwerke gelangt, sind diese in der Lage, dem Abwasser mehr Wärme zu entziehen und so effektiver zu arbeiten. Hierzu sind wir mit den Betrieben in engem Kontakt“, so Riede.
500
Wirbellosenarten und 64 Fischarten leben im Rhein.
Zu den Tieren gehören auch Würmer, Muscheln, Schnecken, Krebse, Insekten, Vögel und Säugetiere.
Und wie geht’s weiter – war letztes Jahr ein Jahrhundertsommer? Meteorologe Dr. Max Bangert: „2018 war wirklich ein außergewöhnliches Jahr, außergewöhnlich trocken und außergewöhnlich heiß. Die Klimaforscher gehen davon aus, dass das Risiko für diese Wetterlage bei uns in den nächsten Jahrzehnten ansteigt.“