Ein Werk im Wandel

Um den Schweizer Standort in Basel zu entlasten und deutsche Kunden besser zu beliefern, baut die J.R. Geigy AG in Grenzach eine Produktionsstätte auf. Strom vom Rheinfelder Flusskraftwerk, der Anschluss an die deutsche Reichsbahn und die Nähe zum Basler Mutterhaus sind Standortvorteile. Am 24. Mai 1898 beginnt mit der behördlichen Konzession die Geschichte des Werks Grenzach. Rasch werden Gebäude gebaut, und die mehrheitlich aus Basel übernommenen Mitarbeitenden und Apparate stellen bereits Ende 1898 Farbstoffe her.

Der erste Werkleiter, Eduard Greppin, mit Chemiediplom vom Polytechnikum Zürich, baut die Produktion von Farbstoffen aus und erweitert die Produktpalette. Wirtschaftliche Verwerfungen, ein Brand und der Erste Weltkrieg bringen Rückschläge.

Nach dem Kriegsende müssen die Maschinen erneuert und Materialien neu beschafft werden. Im April 1919 wird mit den Arbeitnehmerverbänden ein erster Tarifvertrag für Baden, Württemberg und die Pfalz geschlossen, der auch die Anstellungsbedingungen für die Arbeiter in Grenzach regelt. Die Produktpalette wird um Farbstoffzwischenprodukte und Gerbstoffe erweitert. Nach einem Großbrand wird am Standort Grenzach 1921 eine eigene Werkfeuerwehr gegründet und ausgerüstet.

In der Weimarer Republik, unter dem NS-Regime und während des zweiten Weltkriegs durchleben die Menschen schwere Zeiten. Im Werk Grenzach schwanken Produktionsauslastung und Rahmenbedingungen erheblich. Um die Mitarbeitenden vor Inflation und Mangel zu schützen, werden Teile der Gehälter in Schweizer Franken oder Lebensmittelmarken gezahlt und weitere Werkwohnungen gebaut.

1928 nehmen verschiedene neu erbaute Betriebe die Herstellung von Azofarbstoffen auf. Während des Zweiten Weltkriegs beeinflussen die Nationalsozialisten die Produktion. Die Aktivitäten am Standort Grenzach kommen wegen Material- und Personalmangels fast zum Stillstand. In den Jahren 1943 bis 1945 werden als Ersatz für einberufene Mitarbeiter 33 Zwangsarbeiter beschäftigt. Nach Kriegsende müssen die Anlagen erneuert und die grenzüberschreitenden Kontakte neu geknüpft werden.

Nach dem Krieg bringen der Marshallplan und neue Technologien Wohlstand und Arbeitsplätze – dadurch wird Deutschland für viele Menschen aus Südeuropa attraktiv. Grenzach erlebt einen großen Aufschwung: Kapazitäten werden stark ausgebaut, das Lokal 01 (der heutige Bau 9001) als Produktionsgebäude, später das Lokal 03, das Fabrikationslokal 41 und andere Gebäude erstellt. Entsprechend steigt auch die Zahl der Mitarbeitenden stark an. 

Der Wohlstand führt zu einem Nachfrage-Boom nach Produkten des täglichen Gebrauchs wie Waschmitteln, Kosmetik, modernen Kunststoffen oder auch Pigmenten für Lacke und Automobilfarben. Hiervon profitiert auch das Werk Grenzach. 

Die Kiesgruben namens „Kesslergrube“ südwestlich des Werks werden zwischen 1950 und 1976 von Gewerbe- und Industriebetrieben, Müllfuhrunternehmen und der Standortgemeinde als Mischdeponie genutzt und mit Erdaushub, Bauschutt, Hausmüll sowie Gewerbe- und Industrieabfällen aufgefüllt. 1970 fusionieren in der „Basler Heirat“ die Firmen Ciba und Geigy.

1975 werden in Grenzach die industrielle und die kommunale Kläranlage in Betrieb genommen, 1990 die zusätzliche Nassoxidationsanlage zur Reinigung von Industrieabwässern. Die Produktionsleistung im Werk erlebt in den 1980er-Jahren einen Boom. Neue Technologien, effizientere Verfahren und „Personal Computer“ modernisieren die Arbeitswelt. 

1996 meldet ein Team aus Grenzach nach intensiver Forschung und Entwicklung ein neues Molekül zum Patent an: Unter dem Produktnamen „Tinosorb S“ legt der moderne Breitband-UV-Filter einen Grundstein für den langjährigen Erfolg des Werks Grenzach. Auch heute bestellen zahlreiche Hersteller von Kosmetika und Sonnenschutzmitteln „Tinosorb S“ für zuverlässigen und nachhaltigen Schutz vor UV-Strahlung. Die Grenzacher Erfindung wird weiterhin bei BASF am südbadischen Standort hergestellt.

Um die Jahrtausendwende globalisieren sich die Wirtschaft und das tägliche Leben. Aufstrebende Länder in Asien ziehen die Produktion günstiger Güter an. In Amerika und Europa sorgen Internet, Innovationen und Automatisierung für Wachstum. 

Die Ciba Spezialitätenchemie in Grenzach sucht nach Innovationen und stellt weniger rentable Produkte ein. 2009 übernimmt BASF die Firma, richtet das Werk neu aus und macht den Standort zum globalen Kompetenzzentrum für UV-Filter.

Digitale Lösungen wie Apps, smarte Gebäude und „künstliche Intelligenz“ treiben den Fortschritt voran. BASF baut ihre Kompetenz bei UV-Filtern am Standort weiter aus und investiert in die Produktion und Infrastruktur. Die CO2-Emissionen des Werks werden reduziert. Ausbau und Modernisierung stärken die Position des Standortes als Kompetenzzentrum für Sonnenschutz und wichtige Anlaufstelle für die Kosmetik- und Körperpflegeindustrie.

BASF in Grenzach nimmt eine Neubewertung der Sanierung ihres Anteils der Mischdeponie Kesslergrube vor. Das Areal wird ergänzend untersucht, das Sanierungsvorgehen neu geplant. Gemeinsam wollen BASF und die Gemeinde Grenzach-Wyhlen den Standort und das Umfeld attraktiv gestalten und weiterentwickeln.