Weltweit haben 73 Millionen bedürftige Grundschulkinder keinen Zugang zu Schulessen.
Quelle: Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, 2020
Ruiru ist eine Stadt im Kiambu County in Kenia. Sie liegt drei Kilometer von der Stadtgrenze von Nairobi entfernt.
Die Einwohnerzahl lag im Jahre 1999 noch bei 100.000, bis 2005 stieg sie auf etwa 220.000 an. Die Fläche beträgt 292 km², das ist etwas weniger als die Fläche der Stadt Leipzig.
Mit leerem Magen kann ein Kind nicht gut lernen. Food4Education in Kenia zeigt, dass sich Investitionen in die Ernährung auszahlen.
Wenn in Ruiru, einer kleinen Ortschaft im nordöstlichen Einzugsgebiet der kenianischen Hauptstadt Nairobi, der Tag anbricht, macht sich Lucy Wangui auf den Heimweg. Die 45-jährige dreifache Mutter und ihre Kolleginnen und Kollegen haben die Nacht in der örtlichen Grundschule verbracht.
Dort haben sie warmes Mittagessen zubereitet, das im Rahmen eines wegweisenden Programms für Schulessen Tausenden von Kindern an Einrichtungen in der ganzen Stadt angeboten werden soll. Verantwortlich für das Programm ist die in Nairobi ansässige, gemeinnützige Organisation Food4-Education, die subventionierte Mahlzeiten anbietet. Diese werden in den Küchen von drei verschiedenen Schulen zubereitet und an insgesamt 33.000 Schülerinnen und Schüler verteilt. Für Wangui ist das ein Geschenk des Himmels. „Die Gewissheit, dass ihre Kinder zumindest eine warme Mahlzeit erhalten, ist eine große Erleichterung für Eltern, die mit ihrem Geld nicht über die Runden kommen“, sagt sie. In der Grundschule von Ruiru wird das Essen in einer farbenfroh gestrichenen Küche zubereitet.
Nur wenige Meter entfernt befindet sich ein modernes Gebäude mit einer Dampfküche, die nur so blitzt – der nächste Schritt bei der Weiterentwicklung von Food4Education.
Es liegen Welten zwischen der Gegenwart und dem Jahr 2011, als die Gründerin Wawira Njiru, damals eine 20-jährige Studentin der Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften an der University of South Australia, den Entschluss fasste, Geld für Schulessen zu sammeln.
„Ich bin in Ruiru aufgewachsen und hatte das Privileg, drei Mahlzeiten am Tag zu bekommen. Doch bei vielen meiner Freundinnen und Freunde war das anders. Dadurch waren die Chancen ungleich verteilt. Im Gegensatz zu anderen konnte ich eine Universität besuchen“, sagt sie.
Weltweit haben 73 Millionen bedürftige Grundschulkinder keinen Zugang zu Schulessen.
Quelle: Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, 2020
Im ersten Versuch erhielt sie genug Spenden, um eine provisorische Küche für die Versorgung von 100 Schülerinnen und Schülern einzurichten. Der Erfolg war so groß, dass Njiru, die 2014 nach Kenia zurückkehrte, Food4Education gründete und an der Grundschule von Ruiru dauerhaft eine Küche einrichtete. 2019 wurden täglich bereits 10.000 Mahlzeiten an Kinder in den örtlichen Schulen ausgegeben. Njirus Ziel für 2026: eine Million Mahlzeiten anbieten.
Gegenwärtig werden die Mahlzeiten unter anderem durch Spenden subventioniert. Um ihr neues Ziel zu erreichen, musste Njiru für das Projekt jedoch eine nachhaltigere Finanzierungsgrundlage schaffen. Durch Investitionen in effiziente Dampfküchentechnik und die Nutzung von Skaleneffekten hat Food4Education die Kosten pro Mahlzeit bereits um mehr als 40 Prozent gesenkt. Auf lange Sicht sollen mit den Beiträgen der Eltern die gesamten Kosten gedeckt werden können. Eine wichtige Rolle spielt auch die Technologie. Die Schülerinnern und Schüler bezahlen ihr Essen mit Tap2Eat-Armbändern.
Das Guthaben auf diesen Armbändern wird von den Eltern mithilfe weit verbreiteter mobiler Gelddienste aufgeladen – ein Bankkonto brauchen sie dafür nicht. „Die Technologie hat uns geholfen, unser Programm innerhalb weniger Monate von 2.000 auf 10.000 Kinder auszuweiten“, sagt Njiru.
Food4Education zeigt bereits eine spürbare Wirkung. „In meinem Studium habe ich gelernt, dass Ernährung die kognitiven Fähigkeiten beeinflusst. Hier haben wir beobachtet, dass sich durch Schulessen nicht nur die Leistungen verbessern, sondern auch die Fehlzeiten verringern“, stellt die Gründerin fest. Laut einer Studie ist der Leistungsdurchschnitt in Schulen, die an Food4Education teilnehmen, 20 Prozent höher als bei Einrichtungen ohne Angebot für Schulessen. Es wechseln dort auch mehr Schülerinnen und Schüler an eine weiterführende Schule.
„Schulessen wird oft als Kostenfaktor und nicht als Investition betrachtet“, erläutert Njiru. „Doch dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen zufolge erhält man für jeden Schilling, den man für Schulessen ausgibt, 9 Schilling zurück. Wirtschaftlich gesehen bringt nichts eine bessere Rendite als die Ernährung von Kindern.“