Karriere

"Ich bin mit meiner Offenheit immer gut gefahren"

Unterschiedliche Generationen, ethnische und kulturelle Hintergründe, persönliche Fähigkeiten und Erfahrungen, religiöse Einstellungen und nicht zuletzt sexuelle Orientierungen der Teammitglieder – das alles macht die Diversität eines Teams aus. Je bunter das Team, desto freier fühlt sich jeder einzelne, desto besser kann sich Kreativität entfalten.

In der Praxis herrscht hier teilweise noch Handlungsbedarf – zum Beispiel, was den offenen Umgang mit sexueller Orientierung betrifft. Aber es gibt auch Erfreuliches zu berichten: Die deutsche LGBT*IQ-Stiftung Prout at Work hat eine Liste der Top 100 „Prout Executives“ in Deutschland veröffentlicht, die offen mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen. Mit dabei: BASF-Mitarbeiterin Sibylle Gröters, Leiterin der Pathologie in der Einheit Experimental Toxicology & Ecology. Wir haben sie darauf angesprochen. 

Frau Gröters, wie kommen Sie auf die Top 100 "Prout Executives"-Liste?

Das ist eigentlich ganz einfach. BASF ist in der LGBT*IQ -Community engagiert und auch bei Prout at Work aktiv. Ich bin in verschiedenen internen Netzwerken aktiv und kenne einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Diversity & Inclusion Team der BASF. Diese haben gefragt, ob sie mich für die Liste vorschlagen können, denn der offizielle Vorschlag für die Liste geht vom Arbeitgeber aus. Ich habe gerne zugesagt, denn ich mache aus meiner sexuellen Orientierung keinen Hehl und finde es auch nichts Besonderes. Das ist einfach so wie es ist. Und warum sollte ich nicht teilnehmen und mit gutem Beispiel vorangehen? Ich denke, es ist wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass die sexuelle Orientierung bei der Arbeit tatsächlich egal ist. Das ist sie nämlich auch. Ich erlebe bei uns in der Toxikologie und im weiteren Umfeld einen sehr entspannten Umgang mit den schwulen und lesbischen Kolleginnen und Kollegen. Das möchte ich auch nach außen tragen und dazu beitragen, dass BASF als ein weltoffenes Unternehmen wahrgenommen wird.

 

Wieso ist sexuelle Orientierung überhaupt ein Thema bei der Arbeit? Warum sagt man nicht: Privatsache, hat hier nichts verloren?

Für mich persönlich ist es überhaupt kein Thema, aber ich möchte es auch nicht verheimlichen. Ich fände es sehr anstrengend, wenn man den Eindruck hat, nicht über sein Privatleben reden zu können oder sich verstellen zu müssen. Gerade kürzlich hat mir eine Freundin von ihrem schwulen Arbeitskollegen erzählt, dessen Partner in der Filmbranche tätig ist und seine sexuelle Orientierung dort verschweigt. Er fürchtet, nicht mehr ernst genommen zu werden. Ich finde, dass es ganz normal sein muss, einfach darüber reden zu können, so wie heterosexuelle Kolleginnen und Kollegen über ihre Familie sprechen. So erzähle ich auch von meiner Partnerin und unserer Tochter, und das von Anfang an. Das ist schon immer meine Devise und nicht nur bei diesem Thema: Je offener man mit bestimmten Dingen umgeht, desto weniger ist man angreifbar und desto weniger wird auch „geredet“.

 

War das bei Ihnen schon immer so oder hat sich das im Laufe der Jahre entwickelt?

Es war schon immer so – in der Schule, im Studium, im Beruf. Ich muss nicht irgendwohin kommen und explizit sagen: „Und übrigens…“. Aber wenn es auf das Thema Familie zu sprechen kommt, dann erzähle ich ganz selbstverständlich von meiner Partnerin und unserer Tochter. Ich kenne viele Leute, auch bei uns in der BASF, die genauso offen damit umgehen, aber auch welche, die dies aus Furcht vor Repressalien nicht tun. Oder weil sie Bedenken haben, als Führungskraft nicht mehr ernst genommen zu werden. Ich kann das aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Ich bin mit meiner Offenheit bislang immer gut gefahren. Und ich wurde tatsächlich noch nie deswegen irgendwie beleidigt oder diskriminiert, weder im privaten noch im beruflichen Umfeld.

 

Es gibt verschiedene Initiativen, Communities, Organisationen speziell für die LGBT*IQ-Personen. Warum ist das notwendig?

Ich denke, dass jeder einen geschützten Raum sucht und braucht. Aber auch einen Raum, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Im Fall von LGBT*IQ-Communities finde ich es gut, wenn sich Unternehmen und Vorgesetzte darin engagieren, denn das steigert die Toleranz und auch die Anerkennung für das Thema in der Belegschaft. Daher finde ich es auch wichtig, als Führungskraft tatsächlich Flagge zu zeigen und zu signalisieren, dass das alles eigentlich gar kein Thema ist. Ich bin einfach so wie ich bin, und das sollte allen anderen auch möglich sein – egal um welches Thema es dabei geht. 

 

Warum ist aus Ihrer Sicht die Vielfalt wichtig? Und warum ist es wichtig, sich dafür einzusetzen?

Weil Vielfalt neue Ideen in ein Team bringt, und außerdem Wertschätzung, Respekt und Weltoffenheit fördert. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir diverse Teams haben, nicht nur bezogen auf Männer und Frauen, sondern auch bezogen auf unterschiedliche Nationalitäten, unterschiedliche Altersgruppen, Berufe usw., damit es unterschiedliche Ideen, Blickwinkel und Ansatzpunkte im Team gibt. Nur dann kann man wirklich kreativ sein, und nur dann wird man nicht „nur“ gut, sondern sehr gut.