Geschichte

1931 - 1946

Zwischen Schanghai und Chongqing

Um die nach dem Ersten Weltkrieg verlorene Wettbewerbsfähigkeit wiederzugewinnen und gemeinsam neue Märkte zu erschließen, fusionierten im Dezember 1925 sechs deutsche Chemieunternehmen unter Führung von BASF, Bayer und Hoechst zur I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, kurz I.G. Farben. Das „I.G.“ im Firmennamen stand programmatisch für „Interessengemeinschaft“.

Defag-Mitarbeiter Rudolf Schiffler (r.) erklärt einem chinesischen Kunden die richtige Anwendung von Farbstoffen. (Foto: Bestand von Marion Schiffler)
Paul Wilhelm Wilm mit Ehefrau Charlotte (Foto: Studienwerk Deutsches Leben in Ostasien e.V., StuDeO)

Schon bald beschloss man in der Frankfurter Zentrale des neuen Chemiegiganten, den Auslandsvertretungen zu kündigen und eigene Verkaufsbüros zu eröffnen. In China wurde daher am 1. Januar 1927 die „Deutsche Farbenhandelsgesellschaft Waibel & Co.“ (Defag) gegründet.

Ihren Hauptsitz nahm die Defag in Shanghai, Niederlassungen entstanden in Hongkong und einigen anderen Städten auf dem chinesischen Festland.

Nach und nach, so der Plan, sollten die Indanthrenfarbstoffe synthetisches Indigo ablösen. Umfangreiche Werbemaßnahmen unterstützten die Produkteinführung. Plakate wurden aufgehängt, Handzettel ausgegeben, Wände mit Indanthrenfarben gestrichen und gefärbte Tuchstücke verteilt. Letztere trugen das Indanthren-Warenzeichen in Gold gestempelt, um es von Wettbewerbsprodukten zu unterscheiden. Das Warenzeichen selbst war ein großes „I“, umgeben von einer Sonne und einer Regenwolke. Es symbolisierte einprägsam, dass dieser Farbstoff lichtecht war und sich nicht auswaschen ließ.

Erstaunlicherweise lief das Geschäft in der Farbstoffsparte bis in die ersten Monate des Jahres 1941 noch zufriedenstellend. Dann beendete der Überfall der deutschen Streitkräfte auf die Sowjetunion im Juni 1941 alle Lieferungen deutscher Chemieprodukte nach China. Anfang Juli 1945 wurde den Defag-Mitarbeitern mitgeteilt, dass sie mit sofortiger Wirkung gekündigt seien, weil die I.G. Farben aufgelöst werden sollte.

„So nahmen wir also Abschied vom alten China, das uns so viele Jahre Gastfreundschaft gewährt hatte.“

Karl Jakob Roll
Lebenserinnerungen

Für die Präsentation von Farbstoffen spielten farbenprächtige Etiketten eine zentrale Rolle. Die Käufer, viele davon leseunkundig, sollten ihre bevorzugte Produktmarke mit Hilfe von Farben und Symbolen wiedererkennen. 

Deshalb wurde großer Wert darauf gelegt, sich positiv von den Wettbewerbern zu unterscheiden. Das Etikett musste gleichsam für die Farbe sprechen und diente darüber hinaus oft auch als Gebrauchsanweisung. So zeigten viele Etiketten Farbvorgänge. Gestalter der bunten Grafiken setzten ihrer Phantasie kaum Grenzen. Namhafte Künstler schufen ansprechende Waren- und Firmenmarken.