Innovation

Arnd Garsuch

Wasser ist sein Element. Arnd Garsuch ist leidenschaftlicher Ruderer, Schwimmer – und Elektrochemiker. Wasser und Strom vertragen sich auf den ersten Blick nicht besonders gut. Wenn Wasser Strom leitet, kann es im Alltag lebensgefährlich werden. Doch Forscher wie Arnd können die Power von elektrischem Strom nutzen, um gezielt chemische Reaktionen auszulösen und entwickeln daraus überraschende Lösungen für Elektromobilität und Klimaschutz. Arnd untersucht Elektrolyse-Verfahren, mit denen unter anderem Batterien recycelt oder CO2-Emissionen aus unseren Ozeanen gefiltert werden können.

Woran arbeitest du bei BASF?

Im Labor bei BASF erforsche ich genau die Dinge, die mich am meisten interessieren – früher die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien, heute deren Recycling. Ich bin ein großer Fan von erneuerbaren Energien, denn das Prinzip der Nachhaltigkeit ist überzeugend. Die Energieerzeugung aus Quellen, welche keine CO2-Emissionen verursachen, sind für mich in Anbetracht des Klimawandels einfach die beste Lösung. Wir haben zuhause selbst Solarzellen auf dem Dach und einen Batteriespeicher im Keller. Seit drei Monaten fahren wir sogar ein E-Auto – genug Strom haben wir ja!

Was ist die Herausforderung beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien? 

Gemeinsam mit meinem Team forsche ich daran, den Recycling-Prozess von Lithium-Ionen-Batterien zu optimieren. Der Ausgangsstoff ist Schwarzmasse, also das, was von alten Lithium-Ionen-Batterien übrigbleibt, nachdem Kabel, Verpackungen oder Gehäuseteile aus Kunststoffen und Metallen entfernt sind, alles zerkleinert und der erhaltene Rest pyrolysiert, also bei hohen Temperaturen aufgespaltet, wurde. 

Arnd Garsuch in seinem Labor.

Arnd Garsuch mit der Membran, die entscheidend für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien ist.

Arnd Garsuch in his lab with a colleague.

Gemeinsam mit seinen Kollegen forscht Arnd daran, den Elektrolyse-Prozess für das Recycling von Lithium zu optimieren.

Bei der Aufbereitung dieser Schwarzmasse entsteht eine lithiumhaltige Flüssigkeit. Jetzt wird es für uns richtig interessant: Wie können wir aus diesem wässrigen Abfallstrom Lithium zurückgewinnen? Die Lösung: Eine Elektrolysezelle mit einer Membran, so dünn wie eine Einkaufstüte, die ähnlich wie ein Kaffeefilter funktioniert. Nur die Lithiumionen wandern von der einen Seite durch die Membran auf die andere. Dort bilden die Lithiumionen mit Hydroxid hochreines Lithiumhydroxid, den neuen Rohstoff für die Batterieherstellung. 

Die größte Herausforderung liegt darin, eine optimale Membran zu entwickeln, die langlebig ist und die Lithiumionen unter möglichst geringem Energieaufwand passieren lässt. Wir haben eine passende Membran identifiziert, die nächstes Jahr in einer Pilotanlage in unserer Batterierecyclinganlage in Schwarzheide getestet wird – 100-mal so groß wie hier in unserem Labor. 

Mit den Elektrolyse-Verfahren, an denen Arnd Garsuch mit seinem Team forscht, werden nicht nur Batterien recycelt. Unter anderem arbeitet er auch an der Weiterentwicklung der Wasserelektrolyse und damit der emissionsarmen Herstellung von Wasserstoff. Auch in den Weltmeeren könnte die Elektrolyse zur Lösung eines gewaltigen Problems beitragen.

Arnd Garsuch in his lab.

Im Labor arbeitet ihr auch an weiteren Einsatzmöglichkeiten des Elektrolyse-Verfahrens. Was hat es mit der Idee auf sich, CO2 aus dem Meerwasser zu filtern? 

Mit steigendem Anteil an CO2 in der Atmosphäre löst sich auch mehr davon im Meerwasser, und unsere Ozeane werden immer saurer. Um den Klimawandel zu begrenzen, müssen wir zuallererst den Ausstoß von CO2 reduzieren, das ist klar. Doch das wird langfristig nicht ausreichen. Wir brauchen zusätzlich Technologien, mit denen wir CO2 aus der Luft oder aus dem Meer filtern – und so eine negative CO2 Bilanz ermöglichen. 

Wie soll das gehen?

Eine Möglichkeit, an der wir gemeinsam mit der Universität Antwerpen forschen, ist die Elektrolyse von Meerwasser. Das Meerwasser wird dabei durch eine elektrochemische Zelle geleitet und der pH-Wert verändert. Ein Teil des Meerwassers wird während der elektrochemischen Reaktion saurer und wir können das im Meerwasser gelöste CO2 freisetzen und in einem anschließenden Schritt abfangen.

Brennstoffzelle

So sieht das Graphit-Strömungsfeld einer Brennstoffzelle aus, die chemische Energie in elektrische Energie umwandeln kann.

Der andere Teil des Meerwassers wird während der Elektrolyse basischer. Beide Teile werden nach der Freisetzung des CO2 wieder vermischt und das neutrale Wasser ins Meer zurückgegeben. 

So wird das Meerwasser als größter CO2-Absorber der Welt wieder aufnahmefähiger und kann der Atmosphäre mehr CO2 entziehen. Wir forschen auch an Möglichkeiten, wie wir das abgefangene CO2 nutzen und in chemischen Reaktionen einsetzen können. Das so gewonnene CO2 kann beispielsweise zu Grundchemikalien wie Kohlenmonoxid, Methanol oder den Salzen von Ameisensäure umgewandelt werden.

Warum bist du Forscher geworden? 

Naturwissenschaftliche Fächer lagen mir schon immer, und ich stelle mich gerne Herausforderungen und schwierigen Aufgabenstellungen, an denen ich so richtig lange kauen kann. Mit dem Klimawandel, der Vermeidung von CO2-Emissionen oder dem Ausbau der Erneuerbaren gibt es davon genug. In der Forschung kann ich Probleme lösen und zumindest einen kleinen Beitrag zur Lösung dieser großen Herausforderungen leisten, das motiviert mich. 

Arnd Garsuch in his lab.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Als Vater von drei Kindern hoffe ich, dass wir den nachfolgenden Generationen den gleichen, hohen Lebensstandard ermöglichen, wie wir ihn haben. Ich bin überzeugt, dass Bildung und Wissen uns neue Wege eröffnen, mit Veränderungen umzugehen. Daher wünsche ich mir, dass jeder die Möglichkeit und den Mut hat, sich Wissen anzueignen. Wenn wir wissen, was die Konsequenzen unseres Handelns sind, fällt es uns auch leichter, die für das Klima und damit auch für uns und unsere Nachfahren beste Entscheidung zu treffen – ohne das Gefühl eines Verzichts. 

Gibt es etwas, auf das du bewusst verzichtest?

Ich bin das letzte Mal vor fünf Jahren geflogen und bisher habe ich noch keine Entzugserscheinungen. Außerdem habe ich meinen Fleischkonsum reduziert und erfreue mich immer öfter an den verschiedenen Bowls in den BASF-Kantinen. 

Youtube Thumbnail DE.JPG

Dirk Voeste: Die Wichtigkeit von Bodengesundheit

Fest eingeschlossen

BASF sucht ebenfalls nach Möglichkeiten, CO2 abzuscheiden und zu speichern. Wie etwa in einem Projekt mit Air Liquide, bei dem das Unternehmen an seinem Verbundstandort im belgischen Antwerpen die weltweit größte grenzüberschreitende Wertschöpfungskette zur Speicherung von CO2 (Carbon Capture Storage, CCS) entwickelt. Das Ziel: die Beförderung von CO2 zu Offshore-Senken mithilfe der Hafeninfrastruktur von Antwerpen-Brügge.

Mehr Smart Scientist Stories