Innovation
Die grünen Grenzen des Möglichen verschieben
Ihre Liebe zu Mathematik und Naturwissenschaften veranlasste Samantha Gee, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und Chemieingenieurwesen zu studieren. Nach ihrer Promotion an der Georgia Tech nahm sie am Leadership Development Program (LDP) der BASF teil, ließ sich nach drei Rotationen in Houston nieder und wurde dort Mitglied der North America Chemical and Process Engineering Group. Heute ist sie für Nachhaltigkeit innerhalb der Gruppe verantwortlich und steuert neue und innovative Lösungen, um diese erfolgreich in der gesamten Wertschöpfungskette der BASF umzusetzen.
Was genau macht die Chemical and Process Engineering Group?
Wir sind eine zentralisierte Prozessforschungsgruppe. Wir unterstützen unsere nordamerikanischen Standorte und verschiedene BASF-Unternehmensbereiche. Wir verfügen über Fachwissen in den Bereichen Prozessoptimierung, Anlagenplanung, Fehlersuche und Anlagenbetreuung.
Innerhalb der Gruppe gab es bisher eigentlich fünf Säulen: Flüssigkeitsverfahrenstechnik, Reaktionstechnik, Feststoffverarbeitung, CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics) und Sicherheitstechnik. Jetzt fügen wir eine sechste Säule hinzu, die Nachhaltigkeit, weil sie für uns eine zentrale Bedeutung hat und es genügend Nachfrage bei den Unternehmensbereichen gibt, dieses Thema zu anzugehen.
Die Unternehmensbereiche kamen bisher immer dann auf uns zu, wenn es Herausforderungen oder Schwierigkeiten gab, damit wir die verschiedenen Prozesse evaluieren und ermitteln, ob wir sie verbessern können. Jetzt wenden sie sich auch an uns, um zu prüfen, ob wir diese Prozesse nachhaltiger gestalten können.
Unsere Gruppe besteht aus etwa 30 Personen und wir arbeiten an über 150 Projekten pro Jahr. Das sind schon eine ganze Menge Projekte. Sie bringen BASF in der Regel Einsparungen von 8 bis 10 Millionen Euro pro Jahr und ich war an einigen dieser Projekte beteiligt.
An unserem Standort in Beaumont, Texas, hatten wir zum Beispiel ein Projekt, bei dem wir den Gewinn einer Reaktion verbessern wollten. Die Reaktion war eingeschränkt, weil sie nicht optimal gemischt wurde. Also untersuchten wir, ob wir die Vermischung des Produkts verbessern konnten, indem wir den Winkel des Impellers - einer Art Propeller - und die Position der Gaszufuhr veränderten. Letztendlich konnten wir den Gewinn um zwei bis drei Prozent verbessern, was einer Einsparung von fast einer Million Euro pro Jahr entspricht.
Erzähl uns etwas über deine neue Position als Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit.
Ich war Teil des Reaktionstechnik-Teams, was eine fantastische Erfahrung war und bei mir eine gute Grundlage für unsere heutigen Tätigkeiten geschaffen hat. Die Aufmerksamkeit und Nachfrage, durch die messbare Reduktion unserer Emissionen nachhaltiger zu werden und den CO2-Fußabdruck unserer Produkte im Einklang mit unseren Zielen zu verringern, haben in den letzten Jahren zugenommen. Anbetracht der verschiedenen Ziele, die wir uns gesetzt haben, wie z. B. die Verringerung der CO2-Emissionen um 25 % bis 2030, ist dieser Bereich der Nachhaltigkeitsförderung von besonders großer Bedeutung.
Als Leiterin des Nachhaltigkeitsteams konzentriere ich mich nach wie vor auf die Unterstützung unserer Unternehmensbereiche - jedoch mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit unserer Prozesse zu verbessern.
Jedes Produkt hat zum Beispiel einen CO2-Fußabdruck, das ist die Menge an CO2, die bei der Herstellung des Produkts entsteht. Wir stellen aktuell fest, dass die Nachfrage unserer Kunden nach einer Verringerung der CO2-Menge pro Produkt enorm ist. Wenn wir den Massenbilanzansatz, den Energiebedarf und die Rohstoffe, die in unsere Prozesse einfließen, verstehen, können wir feststellen, welchen Einfluss wir auf den CO2-Fußabdruck des Produkts haben.
Es geht effektiv darum, den Prozess zu verstehen und herauszufinden, ob es Alternativen gibt, die wir übernehmen können. Wir evaluieren verschiedene transformative Technologien, aber wir prüfen auch, wie wir unsere bestehenden Prozesse verbessern können. Vielleicht können wir ein anderes Lösungsmittel oder einen anderen Katalysator verwenden. Vielleicht können wir sowohl biobasierte als auch erdölbasierte Stoffe einsetzen, um den Bioanteil insgesamt zu erhöhen. Es wird viele Schritte brauchen, um dorthin zu gelangen, aber das ist unser Ziel.
Welchen Herausforderungen steht das Nachhaltigkeitsteam heute gegenüber?
Die größte Herausforderung besteht darin, verschiedene Technologien, Methoden usw. zu prüfen. In der Theorie mag etwas gut klingen, aber es funktioniert vielleicht nicht, wenn es in einem großen Maßstab umgesetzt wird. Entscheidend ist, dass wir herausfinden, was tatsächlich technologiefähig ist und was nur aufgebauscht wird. Viele Ideen sind attraktiv, aber sie müssen auch mit der Wertschöpfungskette von BASF vereinbar sein.
Aber ich denke, das Wichtigste ist die Abwägung, ob wir das Risiko eingehen sollten oder nicht. Chemie- und Ölunternehmen im Allgemeinen durchlaufen derzeit einen enormen Wandel. Wenn ein Unternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen und unternehmerisch tätig sein will, muss es ein gewisses Risiko bei der Umsetzung eingehen. Es wird immer auch Nachzügler geben, die erst einmal abwarten, ob etwas umgesetzt wird und wie es läuft, bevor sie es übernehmen.
Ein Unternehmen, das zu lange abwartet, wird immer einen Aufschlag bei den Kosten zahlen. Wenn es beispielsweise um die Verwendung biobasierter Rohstoffe geht, haben die Günstigen bereits langfristige Verträge mit begrenzter Verfügbarkeit.
Wie hat sich diese Rolle auf deine Beziehung zur akademischen Welt ausgewirkt?
Früher habe ich viel mit unseren Unternehmensbereichen gearbeitet, vor allem im operativen Bereich. Darauf lag mein Fokus. Jetzt habe ich auch viel mit externen Partnern zu tun, z. B. mit staatlichen Laboren und Hochschulen. Einige Dinge, an denen wir arbeiten wollen, benötigen einfach mehr Entwicklung und sind risikoreicher - und manchmal haben wir in der BASF nicht das nötige Fachwissen.
Die US-Regierung hat die Finanzierung von Projekten im Bereich der Nachhaltigkeit stark vorangetrieben. Es gibt immer wieder Ausschreibungen und wir haben zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegin von BASF und unseren akademischen Partnern bereits einige davon für uns entscheiden können. Viele der Ideen oder Projekte wurden bereits an Universitäten und staatlichen Laboren untersucht, von daher ist es großartig, mit diesen externen Partnern zusammenzuarbeiten und von diesen ersten Ergebnissen und Fachkenntnissen zu profitieren.
Wenn wir von Anfang an mit Partnern aus der Industrie zusammenarbeiten, und sei es nur aus der Beratungsperspektive, kann das wirklich einen Unterschied machen. Durch die frühzeitige Zusammenarbeit mit akademischen Partnern können wir die Daten aus ihren Experimenten nutzen und mit ihnen zusammenarbeiten, um anwendbare und skalierbare Ergebnisse zu erzielen. Der Sprung zur Implementierung einer Lösung auf Industrieebene ist mit viel Arbeit verbunden. Wenn zum Beispiel in einer akademischen Studie eine kleine Verunreinigung auftritt, wird das nicht als große Sache angesehen. Aber für uns hat diese kleine Verunreinigung große Folgen, da es sich um einen größeren Maßstab handelt und wir nicht nur viel Geld für die Herstellung dieser Chemikalien ausgeben müssen, sondern auch für ihre Reinigung - und das kann genauso aufwendig sein.
Wir bringen alle etwas anderes mit: Unsere akademischen Partner verfügen über ein großes Fachwissen in der Forschung und sind in der Lage, die Details zu verstehen. Was wir aber mitbringen, sind die Möglichkeiten der Umsetzung.
Was hoffst du in deiner neuen Rolle zu erreichen?
Wenn wir unsere Gesellschaft betrachten und sehen, wie wir im Moment leben, ist klar, dass wir so nicht weitermachen können. Wir müssen die Projekte vorantreiben, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Alles steht im Zusammenhang mit unserer Arbeit. Die Prozessverbesserungen und die massiven Energie- und Industrieumstellungen werden Jahre dauern, um sie zu überarbeiten und umzusetzen.
Das Attraktivste an dieser Branche ist, dass jedes hergestellte Produkt in irgendeiner Weise Berührungspunkte mit der Gesellschaft hat. Das treibt viele Menschen an, vor allem aber mich. Ich war schockiert - und ich glaube, so geht es den meisten Menschen - wie viele Produkte BASF herstellt und dass fast alles, was die Menschen in ihrem täglichen Leben benutzen, irgendwie mit unserem Unternehmen und unserer Chemie zu tun hat. Deshalb möchte ich immer die Wirkungen meiner Arbeit hat vor Augen haben.
Wir haben keine Zeit, zu warten. Mein Kind und die Kinder anderer Menschen werden von den Entscheidungen, die wir heute treffen, profitieren. Für mich bedeutet das, dass ich dafür sorgen will, ihnen einen besseren Ort zu hinterlassen.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an mariana.licio@basf.com
Für Medienanfragen wenden Sie sich bitte an molly.birman@basf.com